Marist werden
Ein Leben als Ordensmann – Thilo Saft hat sich für diesen Weg entschieden. Hier schreibt er, wie er zur »Gesellschaft Mariens« fand und sich der Werdegang zum Maristen vollzieht.

Gib dem Evangelium (d)ein Gesicht

Wie die meisten jungen Leute bei uns im Dorf war auch ich in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit aktiv. Zunächst als Ministrant, später dann als Gruppenleiter und Mitorganisator von Jugendmessen, Zeltlagern und Jugendfahrten. Mittendrin statt nur dabei. Es hat mir richtig Spaß gemacht, mich zu engagieren. Das ist auch unserem Kaplan aufgefallen, und als er mich einmal fragte, ob ich mir vorstellen könne, Priester zu werden, reagierte ich noch ganz abweisend.

Schließlich rückte die Zeit des Abiturs näher. Wieder kam sie auf, die Frage nach Theologiestudium und Priester-sein. Dieselbe Frage also, die unser Kaplan sechs Jahre zu früh gestellt hatte – mit dem Unterschied, dass ich sie mir jetzt selbst stellte. Und dieses Mal wollte ich nicht ausweichen.




Pater Thilo Saft aus Ankum hat in Passau Philo-
sophie und in London Theologie studiert. Im Zuge seiner Ausbildung sammelte er Erfahrungen in der Gemeinde­arbeit und der Krankenhausseelsorge.

Thilo Saft wurde 2015 in Osnabrück zum Priester geweiht. Seither arbeitet er als Kaplan in Passauer Pfarreien, widmet sich der Schul- und Studenten­seelsorge und stärkt das Team der Votivkirche.


Ein Satz auf einem Flyer blieb mir im Gedächtnis: »Gib dem Evangelium (d)ein Gesicht«. Am Beginn meines Weges stand auch die Überlegung, ob ich mich einem Orden anschließen sollte. Ich antwortete, wie es wohl meiner Natur entspricht, mit einem zögernd zupackenden »Ja, aber ...«. Ich war offen und bereit, das Ordensleben auszuprobieren, aber ich kannte nur die großen Orden und hatte das Gefühl, das ist nicht, was ich suche.

Nun erfuhr ich, dass es in Ahmsen, einer kleinen Gemeinde im Emsland, ein Begegnungshaus für Besinnungstage, Jugend­wochenenden und Exerzitien gebe. Und dieses Haus würde von der Ordensgemeinschaft der Maristen geleitet, die sich unter anderem auch der Ausbildung junger Menschen an Schulen widme. »Na, toll«, dachte ich etwas zerknirscht, »Schule!« – hatte ich doch gerade meine Karriere als Lehrkraft an einer staatlichen Schule erfolgreich abgebrochen. Sollte ich jetzt einem Schulorden beitreten? Aber sei’s drum. Langsam begann ich zu begreifen, dass es nicht allein darum geht, was ich suche, sondern vielmehr darum, was Gott mir ermutigend zutraut. Also steckte ich den Zettel mit der Telefonnummer eines der Patres ein.




Wer seine Lebensberufung prüfen will, ob der maristische Weg der richtige sein könnte, ist herzlich eingeladen, mit uns Kontakt aufzunehmen. Im Haus Passau gibt es die Möglichkeit, für einige Zeit mitzuleben und im Gespräch Klarheit zu suchen.

Internationale Erfahrungen gehören in der Ausbildung dazu, darum sind Englisch-Kenntnisse wichtig. Für den Brüderberuf ist eine abgeschlossene Berufsausbildung hilfreich. Fürs Priestertum in unserer Ordensgemeinschaft (Voraussetzung: Abitur) ergeben sich drei Stufen, als Jünger das eigene geistliche Leben in Begleitung zu vertiefen.

Die erste Phase vermittelt Kenntnis des Ordenslebens, pastorale Erfahrung und Studien in Europa.

In einer zweiten Phase geht es in das englischsprachige Noviziat, ein Jahr, derzeit in Davao (Philippinen). Dem folgt das Theologiestudium in Europa.

Nach dem Noviziat werden die ersten Gelübde – Gehorsam, Armut, ehelose Keuschheit – auf Zeit abgelegt. Die Gelübde werden erneuert bis zu der Entscheidung, ganz zu bleiben, oder einen anderen Weg zu gehen.

Maristen machen sich den Menschen und der Kirche verfügbar wie Maria.




»Kloster auf Zeit«

Am nächsten Tag wählte ich die notierte Nummer, und nach kurzem Läuten hörte ich die blecherne Stimme eines Anruf­beantworters: »Guten Tag, dies ist der Anschluss von Pater Greiler. Leider bin ich zurzeit nicht erreichbar.« Ich wartete auf den berühmten Piepton – und legte auf. Ein paar Minuten später wählte ich die Nummer erneut, und diesmal hinterließ ich eine Nachricht.

Pater Greiler und ich trafen uns und vereinbarten schließlich, dass ich für eine Weile in der Kommunität in Ahmsen leben würde. Das sei der geeignetste Weg, um herauszufinden, ob man den Kontakt mit der Ordensgemeinschaft halten oder sogar vertiefen möchte.

Ich war froh, bei meiner Entscheidungsfindung bis hierher gekommen zu sein und hatte ein gutes Gefühl. Während meines Aufenthalts und später bei regelmäßigen Besuchen erfuhr ich Wesentliches über das Leben, Arbeiten und Wirken der Maristen. Besonders haben mich ihre herzliche und aufmerksame Toleranz und die angenehm zurückhaltende, unaufdringliche Art angesprochen, mit der sie den Gästen und Angestellten des Hauses und auch mir entgegentraten.



Die Laienmaristen: Boten des Evangeliums.


Mir wurde auch schnell klar, dass Schule zwar einen sehr wichtigen Bereich maristischer Aktivität ausmacht, aber längst nicht das einzige Wirkungsfeld ist. Im Laufe der folgenden Monate besuchte ich die anderen Häuser der Maristen in Deutschland und fand überall die gleiche ansprechende Grundatmosphäre wieder. Ich lernte auch die verschiedenen Zweige der Maristenfamilie kennen.

Gott und den Menschen begegnen

Nun tat ich den nächsten Schritt. Ich schrieb an den Pater Provinzial mit der Bitte, mich als Kandidaten für die »Gesellschaft Mariens« in Betracht zu ziehen. Als dann die Rückantwort aus Passau kam, war ich erleichtert und froh darüber, dass ich angenommen wurde. In meinem Fall hieß das, den Job zu kündigen, die Wohnung aufzulösen und das Studium der Philosophie und Theologie in Passau zu beginnen.

Während der folgenden zweieinhalb Jahre habe ich viel Zuspruch und die Unterstützung der Mitbrüder, meiner Freunde und Familie erfahren. Und noch etwas hat mir sehr geholfen: Ich lernte die Geschichte der Maristen kennen. Von der Persönlichkeit des Gründers, Pater Colin, war ich am meisten beeindruckt. Ein nicht überdurchschnittlich begabter, eher scheuer und zurückhaltender junger Mann vom Lande, aber mit gesundem Gottvertrauen, der in einer Gruppe Gleichgesinnter jedes Mal dann über sich hinauszuwachsen schien, wenn es galt, den Maristenorden voranzubringen. Das gab mir Zuversicht und Motivation, weiterzumachen.



Die Laienmaristen: Boten des Evangeliums.

Noviziat auf den Philippinen

Nach dem Vordiplom begann für mich das Noviziat im Ausland – nicht in Australien oder Neuseeland, wie ich insgeheim gehofft hatte, sondern auf den Philippinen; eine große Herausforderung, aber gleichzeitig auch eine für meinen weiteren Weg sehr bereichernde, prägende Zeit.

P. Thilo Saft SM




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Maristenpatres und -brüder
Europäische Provinz der Gesellschaft Mariens
Region Deutschland






Hintergrundbild: La Neylière nahe Lyon, Frankreich.
Wirkungsstätte der Maristen seit 1854, heute auch Haus
der Begegnung und Museum.
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